Dieser Beitrag gehört zum Bereich „Grundlagen“ der Mittelalterdarstellung.
Wohl kein anderes Hobby wird so sehr mit altertümlichen Waffen assoziiert wie das „Ritter spielen“. Wer möchte nicht in schimmernder Wehr mit der Lanze den Drachen erlegen, mit blanker Waffe die Jungfrau in Nöten vor den Unholden erretten?
Bei aller Faszination für blankes, scharfes und spitzes Metall hält das deutsche Waffenrecht nicht nur für Blankwaffen einige Regelungen vor, die bei Nichtbeachtung empfindliche Strafen nach sich ziehen können. Fakt ist: Nachbauten historischer Waffen sind ebenso wie ihre Vorbilder dem deutschen Waffengesetz (WaffG) unterworfen.
Gerade über dieses Gesetz, insbesondere den darin enthaltenen Brauchtumsbegriff kursieren in der Mittelalterszene sehr viele teilweise krasse Falschaussagen, Annahmen, Interpretationen, Hörensagen. Dabei ist es, selbst wenn das WaffG durch zig Querverweise, Ausführungsbestimmungen, Anlagen und Ausnahmeregelungen schwierig zu lesen ist, eindeutig.
Die Definition einer Waffe ist denkbar einfach. Im deutschen Waffengesetz (WaffG) steht dazu in §1 Abs. 2 folgendes:
(2) Waffen sind
1. Schusswaffen oder ihnen gleichgestellte Gegenstände und
2. tragbare Gegenstände,
a) die ihrem Wesen nach dazu bestimmt sind, die Angriffs- oder Abwehrfähigkeit von Menschen zu beseitigen oder herabzusetzen, insbesondere Hieb- und Stoßwaffen;
b) die, ohne dazu bestimmt zu sein, insbesondere wegen ihrer Beschaffenheit, Handhabung oder Wirkungsweise geeignet sind, die Angriffs- oder Abwehrfähigkeit von Menschen zu beseitigen oder herabzusetzen, und die in diesem Gesetz genannt sind.
Was heißt das jetzt für das Mittelalterhobby?
Erst einmal alles was nach Schwert, Keule, Lanze, Messer aussieht, kurz allem was scharf, spitz und schwer ist zu Hause lassen?
Kurz und knapp: Ja, denn das Verbot, diese Waffen zu führen ist klipp und klar in § 42 Satz 1 geregelt. Dort heißt es:
(1) Wer an öffentlichen Vergnügungen, Volksfesten, Sportveranstaltungen, Messen, Ausstellungen, Märkten oder ähnlichen öffentlichen Veranstaltungen teilnimmt, darf keine Waffen im Sinne des § 1 Abs. 2 führen. Dies gilt auch, wenn für die Teilnahme ein Eintrittsgeld zu entrichten ist, sowie für Theater-, Kino-, und Diskothekenbesuche und für Tanzveranstaltungen
Glücklicherweise hat der Gesetzgeber eine (oft fehlinterpretierte und immer wieder zu Diskussionen führende) Ausnahme geschaffen und die findet sich im § 42a. Dieser regelt das „Verbot des Führens von Anscheinswaffen und bestimmten tragbaren Gegenständen“, erlaubt unter bestimmten Voraussetzungen Ausnahmen.
Im Wortlaut wurde folgendes in den Gesetzestext geschrieben:
(2) Absatz 1 gilt nicht
1. für die Verwendung bei Foto-, Film- oder Fernsehaufnahmen oder Theateraufführungen,
2. für den Transport in einem verschlossenen Behältnis,
3. für das Führen der Gegenstände nach Absatz 1 Nr. 2 und 3, sofern ein berechtigtes Interesse vorliegt.
Weitergehende Regelungen bleiben unberührt.(3) Ein berechtigtes Interesse nach Absatz 2 Satz 1 Nr. 3 liegt insbesondere vor, wenn das Führen der Gegenstände im Zusammenhang mit der Berufsausübung erfolgt, der Brauchtumspflege, dem Sport oder einem allgemein anerkannten Zweck dient.
Dieses kleine Wort in dem zu oft missinterpretierten Paragraphen öffnet trotz des sehr restriktiven deutschen Waffengesetzes eine scheinbare Lücke. Die Definition des Brauchtums ist in der Allgemeinen Verwaltungsvorschrift zum Waffengesetz (WaffVwV) zum § 16 (1) WaffG geregelt.
So sehr ihr sucht: da steht nichts von Mittelalter…
Der Begriff „Brauchtum“ bestimmt sich nach objektiven Kriterien; auf die Selbsteinschätzung kommt es nicht an. Wichtiges Indiz für Brauchtum ist grundsätzlich die langjährige Tradition und Übung (z. B. bei den bayerischen Gebirgsschützen).
Anknüpfungspunkt des Brauchtums ist entweder ein geschichtlicher Hintergrund, also das Nachstellen historischer Gegebenheiten oder Ereignisse, oder eine regionale Gepflogenheit (z. B. Vogel- oder Ostereierschießen).
Voraussetzung für die Anerkennung eines waffenrechtlichen Bedürfnisses
nach § 16 WaffG ist jedoch immer auch die Feststellung des tatsächlichen Betreibens einer umfassenden und über die schlichte Nutzung der betreffenden Waffen hinausgehenden Brauchtumspflege im Sinne einer in Bezug auf die jeweiligen geschichtlichen Vorgänge oder Gepflogenheiten erfolgenden allgemeinen Auseinandersetzung und Betrachtung. Die beabsichtigte Nutzung von Waffen darf insofern also lediglich einen notwendigen Bestandteil einer derartigen Brauchtumspflege darstellen, nicht jedoch den alleinigen oder überwiegenden Zweck bilden.
Wie ihr seht, wird der Brauchtumsbegriff gern überstrapaziert, zudem falsch interpretiert, denn die Ausnahmeregelung nach § 42a WaffG bezieht sich i.V.m. § 16 WaffG AUSSCHLIESSLICH auf Schusswaffen.
Halten wir zusammenfassend fest, dass es unter dem Oberbegriff „Brauchtum“ somit im Zusammenhang mit kommerziell ausgerichteten Themenmärkten (etwas anderes sind „Mittelalterveranstaltungen“ nicht) derzeit keine eindeutige Regelung im Hinblick auf das Führen von historischen Vorbildern nachempfundenen Blankwaffen i.S.d. WaffG gibt. Somit obliegt es letztendlich dem Veranstalter was er zulässt.
Das bedeutet jetzt was?
Erster und wichtigster Punkt: auf Veranstaltungen und dem Weg dorthin gilt das deutsche Waffengesetz, auf den Veranstaltungen selbst zusätzlich das Hausrecht des Veranstalters. Dieser muss, damit eine Veranstaltung genehmigt wird, ein Sicherheitskonzept vorlegen. Wenn er sagt „Keine Waffen oder Waffennachbildungen“ ist das so. IHR seid in der Pflicht euch vorher zu informieren.
Die zu Veranstaltungen mitgebrachten Nachbauten historischer Waffen dürfen KEINE Waffeneigenschaft besitzen. Schwert, Lanze, Speer, Sax, egal was ihr mitnehmt- die Klinge darf weder scharf geschliffen, noch spitz sein. Hiebwaffen und deren Nachbildungen sind generell verboten!
Nochmal zur Verdeutlichung: Auf öffentlichen Veranstaltungen sind scharf geschliffene Waffen absolut verboten! Was euch erlaubt ist steht in dem oben auszugsweise genannten Gesetz, genauer gesagt der Anlagen zum WaffG sowie den Ausführungsbestimmungen. Seit dem 31.10.2024 ist zudem das Führen von Messern unabhängig der Klingenlänge auf öffentlichen Veranstaltungen generell verboten. Quelle ist die Webseite des Bundesministeriums des Inneren:
Bei öffentlichen Veranstaltungen, wie Volksfesten, Sportveranstaltungen, Messen, Ausstellungen und Märkten, gilt ein gesetzliches Verbot, Messer zu führen (§ 42 Absatz 1, Absatz 4a WaffG). Auch im öffentlichen Personenfernverkehr gilt ein gesetzliches Verbot, Messer zu führen (§ 42b Absatz 1 WaffG).
Die gesetzlichen Verbote, Messer zu führen, gelten für alle Messer, unabhängig von der Klingenlänge und der Beschaffenheit. Umfasst sind daher auch Alltagmesser, wie zum Beispiel Taschenmesser.
Alles mitgeführte Eisenzeug MUSS stumpf, abgerundet und die Klinge nach Möglichkeit bedeckt sein.
Das gilt ausdrücklich auch für in der „Wikinger“ Szene gern im Gürtel geführten Äxte. Dann sind es Waffen im Sinn des WaffG und verboten! Egal ob die Klinge einen Schneidenschutz hat. VER-BO-TEN!!!
Im Zusammenhang mit dem WaffG steht der Begriff vom Bedürfnis umfasster Zweck. Was bedeutet das? Es kommt auf die originäre Verwendung des Gegenstandes an. Die Axt in der verschlossenen Kiste im Lager zum Feuerholz spalten ist eher unkritisch, im Gürtel offen getragen ist sie eine zugriffsbereit geführte Waffe und VERBOTEN.
Sofern ihr selbst nachlesen möchtet, hier der Link zum deutschen Waffengesetz auf Gesetze im Internet.
Noch einige Sätze zum Abschluss. Bei Verstößen gegen das Waffenrecht sind deutsche Richter ziemlich Humorlos. Was manche für eine Bagatelle halten, kann empfindlich geahndet werden. Urteile von 60 Tagessätzen (TS) und mehr sind keine Ausnahme, sondern die Regel. Ab 90 TS geltet ihr als Vorbestraft.
Noch einige wichtige Merksätze:
- Das deutsche Waffengesetz (WaffG) gilt immer und überall, auf Veranstaltungen zusätzlich das Hausrecht des Veranstalters, der Auflagen der genehmigenden Ordnungsbehörden umsetzen muss.
- Diskutiert bei Marktbesuchen an der Eingangskontrolle nicht über das WaffG. Schon gar nicht über „Brauchtum“. Ihr betreibt keine Brauchtumspflege, ein Mittelaltermarkt ist keine Brauchtumsveranstaltung.
- Waffen im Sinn des Waffengesetzes sind auf Märkten verboten.
- Das Führen scharfe Messer unabhängig der Klingenlänge ist verboten.
- Hiebwaffen (Reiterhammer, Keule, Axt usw.) jeglicher Art sind Waffen.
- Komplett stumpfe Waffennachbildungen gelten als Metallgegenstand und sind unkritisch.
Wenn ihr euch daran haltet solltet ihr keine Probleme bei Veranstaltungsbesuchen kommen.
Wichtiger Hinweis: Der Inhalt dieses Artikels dient ausschließlich der allgemeinen Information und stellen keine Rechtsberatung dar. Für die Richtigkeit und Vollständigkeit der Angaben wird keine Haftung übernommen. Jeder Veranstaltungsbesucher ist für die Einhaltung der gesetzlichen Regelungen eigenverantwortlich.