Das Thema „grottenschlechte Mittelalterdokus“ ist in der Mittelalterszene ein Dauerbrenner seit es diese Formate gibt. Sowohl herkömmliche TV- Formate als auch modernere im Internet überbieten sich ebenso wie alte und neuere Printmedien darin das Bild vom schmutzigen, rückständigen Mittelalter mit unterdrückten, ewig Hunger leidenden Menschen zu transportieren. Ebenso kommt kaum ein kleineres (Lokal)Museum, Burg- oder Stadtführung ohne diese Topoi aus.
Warum eigentlich? Jeder, wirklich jeder als Klischee vorgebrachte Aspekt wurde wissenschaftlich untersucht, aufgearbeitet und widerlegt. Ist das Beharren auf Fehldarstellungen dem „hl. St. Plagiarius“ geschuldet, in dem sich Medienschaffende, Museumskurator, Vereinsvorstände gegenseitig kopieren, weil „es ja schon immer so gemacht wurde“ oder ist es einfach nur Bequemlichkeit? Ist es „Kraft eigener Nudelsuppe“ weil irgendwann einmal irgend ein ganz grob die Mediävistik streifendes Fach studiert wurde und man es damit aus sich heraus besser zu wissen glaubt als der interessierte Laie, der sich vielleicht als Geschichtsdarsteller in ein Thema verbeißt und dazu akribisch recherchiert?
Wir wissen es nicht. Wir können lediglich auf die immer gleichen Fehler hinweisen.
Gerade unter Geschichtsdarstellern werden die o.g. Formate kritisch begleitet. Einfach aus dem Grund weil sie in der Regel ein nachweislich vollkommen falsches Bild des europäischen Mittelalters vermitteln.
Zugegeben- Recherche ist Arbeit. Quellenkritische Recherche noch viel mehr. Dafür entschädigt das Ergebnis wenn es daran angelehnt in der Darstellung umgesetzt wird.
Eine gute Dokumentation ensteht, wenn statt der in „irgendwie mittelalterlich“ aussehende Kostüme gesteckte Schauspieler/ Komparsen echte Geschichtsdarsteller in Filmarbeiten zu geschichtlichen Beiträgen einbezogen werden. Ein Beispiel dafür ist die aktuelle ARTE Doku „Die Sachen – Piraten. Heiden. Kaiser“.
Diese hebt sich insofern von den üblichen ÖRR- Dokumentationen ab, als dass die Darsteller ihre eigene zu Volksstamm, Darstellungszeit und -region passende, sehr akribisch recherchierte und danach angefertigte Ausrüstung zum Dreh mitbrachten, zudem auf Grund ihrer Recherchen sehr viel zur Abbildung der Sozialstruktur, dem Alltagsleben vermitteln konnten und sie fast ohne „Mittelalterfilter“ an rekonstruierten historischen Orten gedreht wurde. So geht gute Dokumentation.
Einer der Darsteller, Markus Zwittmeier, der Kaiser Karl den nicht ganz so Großen (seine eigene Aussage 😀 ) gab, fertigte für seinen Blog Tribur.de ein sehr interessantes Video über die Dreharbeiten an. Dieses ist ebenso Sehenswert wie die ARTE Doku an sich.
Sehr erhellend wie ein Filmteam arbeitet und jetzt verstehe ich wie trotz wissenschaftlicher Beratung gelinde gesagt oftmals sehr viel Unfug bei rum kommt. Ihr kennt sicher den ÖRR- Gallier der totalen Unfug über das Mittelalter erzählt? In der ARTE Doku hatte der tatsächlich fast gar nichts zu sagen.
Grüße an die Alemanni, Die Sachsen von der Wisura, Hiwisca, Tribur.de, Scotelingo, und alle die ich nicht erkannte. Super gemacht! Gern mehr davon.
Das genaue Gegenteil davon, wie man es eben nicht machen sollte, durfte ich mir in meiner Heimatstadt anschauen. Dazu werde ich später mehr schreiben nachdem ich mir alle Videos anschaute.