Grundlagen: Rindertalg herstellen

Einer der wichtigsten Brennstoffe für Beleuchtung im Mittelalter war Talg oder Unschlitt (vom Mittelhochdeutschen unslit). Durch Viehhaltung gut verfügbar, vergleichsweise einfach herzustellen und als Abfallprodukt kostengünstig. Talg wurde aus dem bei der Schlachtung von Nutz- und Arbeitstieren wie Rind, Schaf oder Ziege anfallenden Eingeweidefett hergestellt. Um den Talg daraus zu gewinnen, musste das Fett aufbereitet werden.

Die Herstellung wollte ich im Experiment nachvollziehen. Gleich vorweg: es riecht ziemlich intensiv. Wenn ihr es selbst nachstellen wollt, macht es im Garten und am Besten dann, wenn der Nachbar nicht da ist.

Zur Vorbereitung besorgte ich mir einige Kilo Rindernierenfett beim Fleischer. Nachdem Reste von Sehnen und Fleisch entfernt waren, wurde das Fett in etwa 3 cm messende Würfel zerkleinert. Die kamen, um das Anbrennen zu verhindern, zusammen mit etwas Wasser in einen größeren Topf über ein Herdfeuer.

Dann hieß es warten, regelmäßig umrühren und immer wieder Holz nachlegen. Nach und nach schmilzt der Talg aus dem Gewebe aus und sammelt sich an der Oberfläche. Nach ungefähr drei Stunden war die Prozedur beendet, die Fettwürfel zu kleinen Bröckchen, den Grieben, zusammen geschrumpft und eine ansehnliche Menge flüssigen Talgs im Topf.

Zur späteren Konservierung gab ich vor Ende des Ausschmelzprozesses einen guten Esslöffel Salz in den flüssigen Talg. Im Anschluss goss ich den flüssigen Talg, in Ermangelung eines historischen Stücks, durch ein handelsübliches Haarsieb in wieder verwertete Gurkengläser.

Nach dem Erkalten wird aus der bräunlich-gelben Flüssigkeit eine weiße Masse mit butterähnlicher Konsistenz. Feine Reste des Ausschmelzverfahrens sammeln sich am Boden des Glases. Für meine Zwecke reicht es aus, wollte ich diese ausfiltern, müsste ich den Talg durch ein Leinentuch abseihen.

Tipp: Für sehr wichtig erachte ich es, nicht zu viel Hitze anzulegen. Kocht der Talg im Topf, kann es schnell überkochen, spritzen und üble Verbrennungen verursachen. Von der Feuergefahr nicht zu reden. Von daher ist weniger oft mehr. Der Rohtalg schmilzt bei 60-65° C, von daher ist gar nicht so viel Hitze nötig.

Ein nächster Versuch wird das Kerzen aus Talg ziehen betreffen. Ich halte reinen Talg, so wie er nach dem Schmelzen ist, für etwas zu weich um im Ziehverfahren eine haltbare Kerze herzustellen. Eventuell muss ich einen Bestandteil an Bienenwachs zugeben um eine festere Konsistenz zu erzielen. Eine weiter gehende Recherche ergab, dass zur Verfestigung dem vglw. weichen Rindertalg ein Anteil Hammeltalg beigemischt wurde.

Der Talg ist ebenso als Rohstoff zum Frittieren, Schmierstoff (z.B. für Radnaben an Wagenachsen), Seifenherstellung, Salbenbasis oder einfach als Brennstoff in Talglampen verwendbar.

Im Gegensatz zu in vielen anderen Publikationen beschriebenen üblen Geruch und flackernder Flamme bei Verwendung von reinem Talg als Brennstoff kann ich nicht nachvollziehen. In meinen Öllampen nutze ich verschiedene Brennstoffe auf pflanzlicher und tierischer Basis. Es riecht leicht nach „Pommesbude“ oder „Fritteuse“, doch unangenehm penetrant nur dann wenn gebrauchtes, also verunreinigtes Frittierfett als Brennstoff dient. Ihr kennt sicher die eklig stinkenden Toilettenpapierfackeln auf Mittelaltermärkten?

Für künftige Herstellung werde ich den Talg versuchsweise in einem Slowcooker ausschmelzen. Der arbeitet im Temperaturbereich um 80° C. Oder über Dampf im Entsafter mit höherer Temperatur.

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